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Carsten Kraus: KI als wichtiges Werkzeug begreifen!

Der Multi-Unternehmer, KI-Vorreiter, Business Angel und gefragte Speaker appelliert an Hidden Champions, Künstliche Intelligenz möglichst schnell zu implementieren
03.04.2025von Stefanie Hütz

Schon mit 16 Jahren gründete Carsten Kraus seine erste Firma Omikron. Unter dem Dach der CK Holding mit Sitz in Pforzheim führt er heute zahlreiche Firmen, die teils auf Basis eigener Patente gegründet wurden, und investiert vorrangig in Tech Start-ups. Erst kürzlich wurde er in dieser Rolle zum „Business Angel des Jahres 2024“ gewählt. Sein tiefes Wissen rund um KI teilt er auch regelmäßig als Speaker. Der ideale Gesprächspartner für das Hidden-Champions-Portal.

HC: Sie sind sogar Mitgründer unseres Hidden-Champions-Portals. Wie kam es zu diesem Engagement? 

Carsten Kraus: Ich war Inhaber der Domain. Daher kam Ingo Mahl, CEO der Schlüterschen Mediengruppe, mit seiner Projektidee auf mich zu. Ich teile das Ziel, Hidden Champions sichtbarer zu machen und den deutschen Mittelstand zu stärken, denn er ist das Rückgrat unserer Wirtschaft.  

HC: Sie sind doch eher in der Start-up-Szene anzutreffen. Was verbindet Sie mit Hidden Champions? 

Carsten Kraus: Was mich schon mein ganzes Leben lang fasziniert, sind Erfindergeist und Innovationen. Ich habe selbst bereits 25 Patente angemeldet. Bei Hidden Champions gehören Innovationen zur DNA. Ihre Unternehmensgeschichten beginnen oft im Kämmerlein eines Tüftlers. Die meisten dieser Unternehmen haben im Laufe der Jahre eine Innovationskultur aufgebaut. Ohne eine solche Kultur könnten sie sich nicht über lange Zeiträume als Welt- oder Europamarktführer halten. Das begeistert mich. Außerdem möchte ich auch an dieser Stelle gerne Impulsgeber sein. Denn es ist wichtig, dass Hidden Champions jetzt das Tempo in der neuen KI-Welt mitgehen. 

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Es ist wichtig, dass Hidden Champions jetzt das Tempo in der neuen KI-Welt mitgehen.

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Carsten Kraus, CEO der CK Holding, meldete in den letzten drei Jahren jedes Jahr mindestens ein Patent mit KI-Bezug an.

HC: Wie weit und wie wichtig ist das Thema Künstliche Intelligenz?

Carsten Kraus: KI wird das zentrale Zukunftsthema der nächsten zehn Jahre sein – mit Potenzial für wirklich alle Branchen und Bereiche. Unternehmen sollten daher schnell und tatkräftig mit dem Einsatz starten – im Büro, im Marketing, im Vertrieb, in Einkauf und Lagerhaltung und nicht zuletzt rund um Produktion und Innovation. Machen sie das nicht, werden sie abgehängt. Denn KI wird ganze Produktions- und Geschäftsmodelle neu definieren. KI wird, um nur ein Beispiel zu nennen, Ingenieure weltweit stärker machen, denn man kann mit ihr brainstormen oder sich wissenschaftliche Erkenntnisse zusammenfassen lassen. Halluzinationen, also falsche oder irreführende Ergebnisse, sind mittlerweile erheblich seltener geworden. Aber natürlich ist es noch immer wichtig, dass ein verständiger Mensch mit der KI agiert.

HC: Wie sehen Sie Deutschlands Hidden Champions bezüglich KI aufgestellt?

Carsten Kraus: Viele wollen KI gerne nutzen, wissen aber noch nicht so richtig, wie sie anfangen sollen. Insgesamt ist meines Erachtens das Bewusstsein noch zu gering ausgeprägt. In Deutschland gibt es leider viele Blockaden gegen KI. Sie ist umstritten, die rechtlichen Rahmenbedingungen sind unsicher. Das hemmt, und das ist fatal.

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Zunächst sollten Hidden Champions KI in den Alltag ihrer Belegschaft bringen.

HC: Was sind Ihre Top-Tipps für den Einstieg in das Thema KI?

Carsten Kraus: Zunächst sollten Hidden Champions KI in den Alltag ihrer Belegschaft bringen. Es reicht nicht, wenn sich nur wenige Fachleute damit beschäftigen. Ein meiner Erfahrung nach sehr wirksames Instrument ist es, in jedem Meeting, das länger als eine Stunde angesetzt ist, zehn Minuten für das Thema KI zu reservieren. Jeder Teilnehmer sollte dabei Vorschläge unterbreiten müssen, wie Künstliche Intelligenz bei einer Aufgabenstellung XY unterstützen könnte. Dann beschäftigen sich alle damit, das treibt enorm voran.

Der zweite Tipp ist der Besuch eines Portals, das in meinem eigenen Unternehmens-Inkubator entwickelt wurde: https://alles-ki.com/de. Es listet mehr als 16.000 KI-Lösungen auf, insbesondere aus Deutschland und der EU. Man muss dort lediglich eine kurze Beschreibung eingeben, für welche Aufgabenstellung oder welches Problem KI-Unterstützung gesucht wird, und erhält daraufhin Vorschläge für geeignete Tools.

HC: Welche Sicherheitsvorkehrungen sind sinnvoll?

Carsten Kraus: In meinen Unternehmen haben Mitarbeitende das Verbot, über Patente beziehungsweise Erfindungen mit ChatGPT zu kommunizieren. Themen wie Marketing hingegen sehe ich eher unkritisch. Wenn man amerikanische Systeme nutzt, gehen alle Daten dorthin, und per Gesetz haben auch die Geheimdienste Zugriff. Man kann ChatGPT aber auch abschirmen lassen, und es gibt Alternativen. Eine weitere Möglichkeit ist, einen eigenen Chatserver einzurichten, der im Haus steht, dann gehen keine Daten mehr raus. Ab einer halben Milliarde Euro Umsatz etwa könnte sich das lohnen.

HC: Wie investitionsrelevant ist die Nutzung künstlicher Intelligenz?

Carsten Kraus: Nicht jeder muss ja selbst etwas entwickeln. Und wenn doch: In der Kunststoff-Tiefzieh-Branche beispielsweise einen Vorgang mit KI zu revolutionieren, dürfte wahrscheinlich ohne Riesen-Computer möglich sein. Wobei sich auch viele Mittelständler einen Computer für 200.000 Euro leisten können. Man kann ein solches Gerät aber zunächst auch online mieten – das haben wir bei unserem eigenen Unternehmen Casablanca.AI selbst so gemacht. Und dann benötigt man natürlich die passenden Leute.

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Es ergibt keinen Sinn, nur in Europa zu regulieren und unsere Wirtschaft damit auszubremsen.

HC: Wie sehen Sie das Thema Regulierung - sprechen Sie sich eher für den freien Weg der USA als für den strengeren der EU aus?

Carsten Kraus: Ja. Wenn man Künstliche Intelligenz weltweit regulieren könnte, würde ich mich dafür aussprechen. Ich halte im Übrigen die Entwicklung auch für zu schnell für die Menschen. Es ergibt aber keinen Sinn, nur in Europa zu regulieren und unsere Wirtschaft damit auszubremsen. Manches deutsche KI-Unternehmen wird in die USA auswandern. Denn der EU AI Act ist noch schlimmer als die Datenschutz-Grundverordnung DGSVO. Beide sind deutlich zu kompliziert. Auch laut EU AI Act ist gar nicht mal vieles verboten, aber die Prüf- und Dokumentationspflichten sind viel zu bürokratisch. Die Folge: In anderen Ländern wird die volle Power von KI genutzt – es werden bessere Produkte in kürzerer Zeit günstiger und mit weniger Ressourcenverbrauch hergestellt – und die kommen dann zu uns.

HC: Was wäre Ihres Erachtens politisch zu tun?

Carsten Kraus: Der EU AI Act müsste deutlich zusammengekürzt werden. Das ist sogar möglich, ohne dass ein neuer Beschluss des EU-Parlaments erforderlich wäre. Es gibt einen Anhang, der atmen darf. Annex III müsste einfach wieder auf den ursprünglichen Entwurf reduziert werden, der sich auf kritische Infrastruktur, Medizin und autonomes Fahren beschränkt hat.

HC: Was muss sich am Wirtschaftsstandort Deutschland in puncto KI sonst noch ändern, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen zu sichern?

Carsten Kraus: Wenn wir die Regulierung abmildern, sind die Möglichkeiten groß. Ich glaube schon, dass wir in Deutschland noch immer einen Hidden Champion im Bereich KI hervorbringen können. Noch ist die Künstliche Intelligenz erst am Anfang. Und es gibt auch noch immer viel zu erfinden, mitunter mit kleinem Aufwand. Um aber vorne mitzuspielen, müssen wir unsere Mentalität verändern: weniger Fokus auf Ängste, mehr auf Chancen. Zudem dürften unsere Hochschulen mehr am Puls der Zeit sein und Begeisterung vermitteln. Die fünf Forscher unseres Casablanca.AI-Teams sind bezeichnender Weise alle nicht in Deutschland geboren.

HC: Welche möglicherweise disruptiven Innovationen sollten deutsche Unternehmer neben der KI aktuell unbedingt noch auf dem Schirm haben?

Carsten Kraus: Die KI ist Ursprung vieler Weiterentwicklungen. Humanoide Roboter werden noch in diesem Jahr erste Produktiveinsätze in Fabriken haben und in absehbarer Zeit auch Handwerker-Teams unterstützen, indem sie beispielsweise Zementsäcke schleppen. Auf etwas längere Sicht werden sie auch in Haushalte einziehen. AR-Brillen werden den Alltag ebenfalls massiv verändern. Außerdem sind Fusionskraftwerke näher vor dem Durchbruch, als die meisten meinen. Es gibt zahlreiche Start-ups, darunter Proxima Fusion aus Deutschland, die Fusionsprozesse mithilfe von KI optimieren. Einen Fusionsreaktor, der Strom erzeugt, halte ich bis 2035 für möglich. Und wenn plötzlich Energie verfügbar ist, ändert sich die Welt massiv.

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Hidden Champions in Deutschland

Unsere Karte zeigt, wo Innovation und weltweiter Erfolg auch abseits der Metropolen stattfindet.

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